Mittwoch, 11. Mai 2011

Der Untergang (2), Glücke

"Auf der Suche nach Gründen tun wir uns auch schwer. Es gibt tausend Indizien. Aber die Addition all dieser Indizien reicht nicht dafür aus, um so eine rasante Abwärtsbewegung (... ) zu erklären." (Heribert Bruchhagen)
Mit der schweren Versehrtheit durch die Rückrunde, den Bissen und Tritten, mit denen man als geprügelter Hund mit eingezogenem Schwanz unter den Tisch flieht, äuge ich in einer stillen Sekunde vor dem endgültigen Aus auf den Film, der vor mir abläuft und der von Tagen und Monaten erzählt, in denen alles doch so gut schien.
Die Eintracht verliert das Auftaktspiel der Saison 10/11 gegen Hannover knapp, und auch 3 weitere Matches der ersten fünf. Es ist schwer unruhig in Frankfurt, so hat man sich das nicht vorgestellt, "50 Punkte wolltet ihr doch holen!!!" schreit die Presse. Doch die Krise ist nur eine Krise, nichts psychotisches. Es folgen die Heydays der Mannschaft. Man siegt 5 mal in 6 Spielen und die Sonne scheint auf ihrem Zenit am 11.Spieltag. Vierter Platz, 20 Tore geschossen, 11 bekommen. Sehen wir uns die Spieltage 6 -11 etwas genauer an (Wenn ich wissen will warum diese Mannschaft heute nicht mehr siegen kann, dann muss ich schauen, wie sie dereinst überhaupt gewinnen konnte). 
Die Quelle "Kicker" berichtet von einem engen 2:0 Sieg gegen Nürnberg am 6.Spieltag. "Das Aluminium steht Nürnbergs Glück im Weg" ist eine Schlagzeile, Frankfurt sei die effektivere Mannschaft gewesen. Danach das 2:1 gegen Stuttgart, von dem ich schon schrieb, dass es nicht verdient war. Das 3:0 gegen Kaiserslautern fällt nur aufgrund der 2.Halbzeit so hoch aus. Es war zuvor sehr eng, denn Nikolov hält einen Elfmeter und Gekas schießt in der 45. eher überraschend das 1:0.
Ein Spiel, in dem das Pech anscheinend mal überwiegt ist das 0:0 gegen Schalke am 9.Spieltag. Diesmal fehlt die Chancenverwertung aus den letzten Spielen, aber Schalke, dass sich zu dem Zeitpunkt noch nicht gefunden hat und auf Platz 16 steht, hat halt Neuer. Danach zuerst in St.Pauli und dann zu hause gegen Wolfsburg ein 3:1. Gegen St.Pauli benötigen wir den Schiedsrichter, um zu gewinnen. Keine Ahnung mehr, ob zu recht oder zu unrecht (Stanislawski beschwert sich jedenfalls), aber erst kriegen wir einen Elfmeter, das ist der Ausgleich, und dann muß Asamoah runter, anschließend guckt Gekas nochmal das Tor an und Caio trifft auch mal, "die Eintracht setzt sich in der Spitzengruppe fest". Gegen Wolfsburg haben wir Glück, aus zwei Gründen: Dzeko und Diego machen ihre Tore nicht, und Gekas trifft mit einem Foulelfmeter, der nie und nimmer hätte reingehen dürfen. Aber, eben, er geht rein und so heißt es nochmal im Branchenblatt: "Eintracht Frankfurt ... avanciert langsam aber sicher zu einem ernst zu nehmenden Spitzenteam". Faszinierend.
(Noch schnell for the Record: Ab da geht's abwärts, erste Symptome sind bereits da, wir schießen nämlich keine Tore mehr. 12. Spieltag, glückliches 0:0 gegen Bremen, dann Hoffenheim 0:4 und Bayern 1:4, enger Sieg gegen Mainz 2:1 - ein später Elfmeter, Niederlage gegen heimstarke Kölner 0:1, 1:0 gegen ausnahmsweise unkonzentrierte Dortmunder (sie sind gerade durch unseren Sieg gegen Mainz Herbstmeister geworden und aus der Euroleague rausgeflogen). 3 Niederlagen, 2 Siege, ein Unentschieden ist noch ok, aber eben nicht die Torbilanz: 4:10.)
Ohne die Spiele der Glanzperiode nochmal anzuschauen, lässt sich bereits feststellen: Die Begegnungen der Heydays waren allesamt eng, es waren Vabanquespiele. Mit Effizienz und Glück gewannen wir fast alle, nicht durch Dominanz und vielleicht auch nicht durch Substanz. Hatten wir das Glück des Tüchtigen? Ich meine, nein, es war zuviel des Guten.
Der Absturz 2011 ist zu gravierend, als dass das nicht schon vorher angelegt gewesen sein muß und ich vermute, es hat auch mit dem bereits damals sichtbaren Phlegma zu tun. Frankfurt gewann zwar, oft nicht zu ganz unrecht, aber es spielte nicht unbedingt immer und zwingend wie ein Sieger. Sie schienen eher wie Zocker. Sie kamen oft nicht über Leidenschaft, die Körpersprache, die Einstellung - der Wille - hat mir schon damals nicht gefallen.
Vielleicht hatten wir das Gegenteil einer Ergebniskrise. Skibbe hat es ja auch immer wieder gesagt, alles wußten es, es ist eng, es ist Zufall dabei. Mein Verdacht: es war auch nicht immer das Glück des Tüchtigen. (Man sollte das Hinrunden-0:4 gegen Hoffenheim nochmal anschauen, ich erinnere mich, dass da die Eintracht zum ersten Mal total verunsichert auftrat, als geriete etwas ins Wanken, kann aber auch Zufall sein.)
Jedenfalls versteige ich mich mal zu einer verrückten These, vielleicht stimmt sie ja: Selbst Schwarzseher Bruchhagen war zu optimistisch. Wir haben uns alle blenden lassen. Vom Glück der Vabanquespieler auf dem Rasen.




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